Vortragsreihe “Gesellschaftsdiagnose: Rassismus”

Wir laden euch herzlich ein!

 

Unsere Gesellschaft ist von rassistischen Strukturen durchzogen. Rassismus äußert sich unter anderem in institutionellen Strukturen, in sozialen Bewegungen, in der Entwicklungs-zusammenarbeit und nicht zuletzt auch in politischen Räumen. Wir werden in diese Gesellschaft und deren rassistische Systeme hineingeboren und durch sie sozialisiert. Hanau und Halle sind extreme Beispiele und zugleich Ausdruck davon, dass rechtsradikale und rassistische Weltbilder gegenwärtig offen artikuliert werden. Rassismus beginnt allerdings nicht erst, wenn eine Person andere Menschen ermordet und lässt sich nicht auf rechtsradikale Kreise reduzieren. Rassismus beginnt und reproduziert sich in unbedachten Sätzen, in politischen Debatten und auch in (vermeintlich) aufgeklärten Kreisen. Deshalb ist es umso wichtiger, sich diese Strukturen bewusst zu machen, um aktiv gegen sie angehen zu können. Ausgehend von der Gesellschaftsdiagnose Rassismus soll die Vortragsreihe dessen institutionelle Verankerung in verschiedenen gesellschaftlichen Feldern sowie die Wirkung von Vorurteilen und Klischees im Alltag sichtbar machen. Sie lädt zu diesem Thema mehrheitlich BPoC-Expert*innen ein, damit diese von ihren Forschungen und eigenen Erfahrungen berichten können. Die Veranstaltungsreihe möchte zu einer Debatte beitragen, wie wir als und innerhalb der Gesellschaft Rassismus entgegenwirken können. Die Veranstaltungsreihe ist daher keine Reaktion auf rassistisch-ideologische Gewaltausbrüche, sondern legt den Fokus auf die gesamtgesellschaftlichen rassistischen Zustände, die solche Ausbrüche überhaupt erst ermöglichen. Das Aufzeigen rassistischer Strukturen ist gerade auch in der Stadt Jena und an der Friedrich-Schiller-Universität wichtig. Nicht zuletzt, da die Kernmitglieder des NSU-Komplexes ihre Wurzeln in Jena haben. Auch die 2019 veranlasste Jenaer Erklärung „Jenaer Erklärung. Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraussetzung.“ zur sogenannten „Rassenlehre“ verdeutlicht die Aktualität und Relevanz des Themas.

Immer dienstags online um 18.30 Uhr.

 

10.11. Rassismus im Rechtsstaat – Madeleine Henfling 

In der letzten Legislatur des Thüringer Landtages wurde Fraktionsübergreifend eine Enquetekommission Rassismus und Diskriminierung eingesetzt. Diese Enquetekommission war eine unmittelbare Konsequenz aus den Untersuchungsausschüssen zum NSU Komplex. Ausgehend von der Tatsache, dass gerade die Nichtentdeckung der rechtsterroristischen Mordserie des sogenannten NSU mit unterschiedlichen rassistischen Mustern einherging, wurde die Entscheidung getroffen, sich konkret in einer Kommission mit Rassismus und Diskriminierung auseinanderzusetzen. Im Fokus der Debatten stand dabei die Auseinandersetzung mit strukturellem und institutionellem Rassismus in Behörden und Institutionen. Entgegen der Kommissionsmehrheit und der in den Anhörungen vom überwiegenden Teil der Wissenschaftler*innen abgegebenen Stellungnahmen, beharrte eine Minderheit in der Kommission auf der Ansicht, dass rassistische und diskriminierende Verhaltensweisen ausschließlich das Resultat von illegitimen Einstellungsmustern einzelner Personen seien und somit nur durch ein jeweils individuelles Fehlverhalten erklärt werden könnten. Für die Begriffsbestimmung „institutionellen Rassismus“ möchte ich auf die im Rahmen der Enquete-Kommission vom IDZ abgegebene Stellungnahme in der Zuschrift 6/1274 auf S. 2 verweisen: „Doch die Facetten der Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (u.a. Rassismus) zeigen sich nicht nur in Einstellungen, Ideologien und Motivationen von Individuen. Sie verfestigen sich zudem in diskriminierenden Machtverhältnissen und Zuschreibungen, in institutionellen Routinen, Regelungen und Entscheidungsfindungsprozessen, wie im Falle des „institutionellen Rassismus”. Auch im CERD-Staatenbericht von 2015 heißt es „Institutioneller Rassismus liegt vor, wenn Institutionen rassistische Zuordnungen übernehmen und daraus für die so markierten Menschen systematische Benachteiligungen folgen. Institutioneller Rassismus bedeutet nicht, dass notwendigerweise alle Personen, die in entsprechenden Institutionen arbeiten, persönlich rassistische Absichten verfolgen. Der Rassismus ist stattdessen in Routinen und Regelungen eingewoben, welche diese Diskriminierung erzeugen, ohne dass es den Beteiligten auffallen muss.” Daraus ergibt sich für politisch handelnde Akteur*innen ein Handlungs- und Überprüfungsbedarf sowohl in Behörden und staatlichen Institutionen aber auch in eigenen Strukturen wie Parlamenten und Parteien. Und es bedarf einer grundlegenden Identifizierung von rassistische Routinen und Regelung für fast alle politischen Bereiche, um strukturellem und institutionellem Rassismus wirksam zu begegnen.

Madeleine Henfling ist Abgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen im Thüringer Landtag und ist Vizepräsidentin desselben. Sie ist Sprecherin für Innen- und Kommunalpolitik, Kultur- Europa- Medien- und Netzpolitik und Antifaschismus und Demokratie und saß mit im NSU-Untersuchungsausschuss Thüringen.

Moderiert wird die Veranstaltung von Konrad Erben (Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, ISD).

Dies ist der Link zur Online-Veranstaltung: https://uni-jena-de.zoom.us/j/98348334617

Kenncode: 500472
Meeting-ID: 983 4833 4617

Der Raum wird ab 18:15 Uhr offen sein, die Veranstaltung beginnt um 18:30 Uhr.

https://www.facebook.com/events/741306386460141/

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24.11. Rassismus in der Entwicklungszusammenarbeit – Angelika Heller

In der sogenannten Entwicklungszusammenarbeit wird Entwicklung oft verstanden als positive gesellschaftliche Veränderung. Doch wer bestimmt, welche Veränderungen konkret gemeint sind und wer welche Rolle in diesem Entwicklungsprozess spielt? Im letzten Jahrzehnt sind die Stimmen lauter geworden, die einen postkolonialen und post-development Blick auf die sog. Entwicklungszusammenarbeit (EZ) fordern und diese grundlegend hinterfragen.

• Ist „Entwicklungshilfe“ eine Fortsetzung des Kolonialismus mit anderen Mitteln und sollte komplett abgeschafft werden?
• Welche Macht- und Herrschaftsstrukturen dominieren den Entwicklungsdiskurs?
• Inwieweit spielt Rassismus auf einer individuellen und strukturellen Ebene eine Rolle dabei?
• Wie sehen die Menschen in den Partnerländern des Globalen Südens die sog. Entwicklungszusammenarbeit?
• Gibt es auch positive Ansätze einer kritischen Auseinandersetzung innerhalb der EZ-Organisationen und dementsprechende Änderungen in Partnerschafts-, Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit, Organisationsstruktur, Haltungen und Einstellungen der Mitarbeitenden?

Im Vortrag wird die Referentin auf diese und weitere Fragen eingehen und lädt im Anschluss zu Diskussion und Austausch von Erfahrungen ein.

Die Referentin Angelika Heller war selbst viele Jahre in der sog. Entwicklungszusammenarbeit tätig. Schon während dieser Zeit begann sie sich kritisch mit diesem Arbeitsfeld auseinander zu setzen. Heute arbeitet sie als freiberufliche Trainerin zu Themen von Rassismus, Flucht und Migration, globalem und transkulturellem Lernen.

Moderiert wird die Veranstaltung von Teresa Gärtner (decolonize Jena!).

Dies ist der Link zur Online-Veranstaltung: https://uni-jena-de.zoom.us/j/94968997254

Kenncode: 071161
Meeting-ID: 949 6899 7254

Der Raum wird ab 18:15 Uhr offen sein, die Veranstaltung beginnt um 18:30 Uhr.

https://www.facebook.com/events/1024947627947747/

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01.12. Kulturelle Aneignung – kultivierte Aufregung – Tsepo Bollwinkel

Kulturelle Aneignung ist ein Aufreger. Viele Gefühle sind im Spiel – und noch mehr gesellschaftliche Machtverhältnisse.
Für den Vortragenden ist diese Aufregung zwar relevant, aber nur ein Nebenschauplatz eines viel größeren Zusammenhanges, der viel zu selten in den Diskursen vorkommt. Denn Aneignung – und
Enteignung – durchzieht das gesamte Verhältnis von Globalem Norden und Globalem Süden, von Kolonisator*innen und Kolonisierten, von weißen und nicht weißen Menschen. Der Vortrag wird Aneignung und Enteignung als ein Grundprinzip von Rassismus erklären,versuchen kulturelle Aneignung zu definieren, die gängigen Debatten dazu aus rassismuskritischer Sicht kommentieren und die Frage stellen, zu welchen Zwecken die Aufregung um die kulturelle
Aneignung so ausgiebig kultiviert wird.

Disclaimer: Der Vortragende wird sich konsequent weigern, Anwesenden ihre Entscheidungen zu Haartracht, Kleidung, Essgewohnheiten, Freizeitaktivitäten oder Ähnlichem abzunehmen.

Tsepo Bollwinkel denkt, forscht, schreibt und spricht zu Schwarzen Identitäten, weißsein und Rassismus, Intersektionalität, Empowerment und SOGI (sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten) in internationalen Zusammenhängen.
Er ist u. a. Beirat in der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD).

Moderiert wird die Veranstaltung von Moana Wilmot (Mitglied im bundesweiten decolonize-Netzwerks und bei der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD)).

Die Veranstaltung wird gedolmetscht in Deutsche Gebärdensprache.

Dies ist der Link zur Online-Veranstaltung: https://uni-jena.webex.com/uni-jena/j.php?MTID=md8dc63a526def4278e051cc9a6d50861

Meeting-ID: 121 393 5276
Passwort: 3UHyM6BP989

Der Raum wird ab 18:15 Uhr offen sein, die Veranstaltung beginnt um 18:30 Uhr.

https://www.facebook.com/events/695171584423383/

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08.12. Rassismus in der Bildung – Şeyda Kurt

Im Juli 2018 erregte in den sozialen Medien der Hashtag #metwo Aufmerksamkeit: Menschen mit Einwanderungsgeschichte berichteten von ihren Erfahrungen mit Rassismus in Deutschland. Auffällig war, dass sich viele dieser Geschichten im schulischen Kontext abspielten. Lehrende sprachen etwa guten Schüler*innen Hauptschulempfehlungen aus, weil sie sich angeblich als „Ausländer“ dort wohler fühlen würden.
Rassismus an Schulen ist ein ernsthaftes Problem und in einem mehrgliedrigen Bildungssystem, das zum Vorteil nur weniger Menschen funktioniert, strukturell verankert. In diesem Vortrag geht es darum, rassistische Mechanismen im Bildungssystem aufzudröseln und die Frage zu stellen: Was muss sich ändern?

Şeyda Kurt ist freie Autorin für Print, Online und Hörfunk.
Sie schreibt unter anderem für die taz und den Zeitverlag. Außerdem arbeitet sie als Moderatorin und gibt Workshops.

Moderiert wird die Veranstaltung von Mirjam Elomda (Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, ISD).

Dies ist der Link zur Online-Veranstaltung: https://uni-jena.webex.com/uni-jena/j.php?MTID=md0a0f86e134bac13baa805959f23ca42

Meeting number: 121 104 9379
Password: 232mvCVh3Md

Der Raum wird ab 18:15 Uhr offen sein, die Veranstaltung beginnt um 18:30 Uhr.

https://www.facebook.com/events/340116983946628/

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15.12. Rassismus im/und Feminismus – Dr. Natasha A. Kelly

„Wer nicht anti-rassistisch ist, kann nicht feministisch sein!“, so die akademische Aktivistin und Künstlerin Dr. Natasha A. Kelly. Denn Feministinnen müssten sich für die Rechte aller Frauen* einsetzen und nicht nur für das Weiterkommen der eigenen Gruppe. In ihrem Vortrag wird die Schwarze Feministin dem Rassismus in der deutschen Frauen*bewegung auf den Grund gehen und aufzeigen, inwieweit weiße Frauen* den Feminismus für sich vereinnahmt haben, inwieweit er zur Unterdrückung von Schwarzen Männern führt und wie wir uns aus dieser Falle befreien können.

Eine Schwarze Feministin war Dr. Natasha A. Kelly in der Praxis schon immer, die Theorie kam später durch ihre wissenschaftliche Mitarbeit am Gender Institut der Humboldt-Universität hinzu. Heute ist sie in diversen frauen*politischen Kontexten aktiv, zuletzt als Filmemacherin des preisgekrönten Dokumentarfilms „Millis Erwachen“. 2019 gab sie „Schwarzer Feminismus“ die Übersetzung bedeutender Grundlagentexte im Unrast Verlag heraus.

Moderiert wird die Veranstaltung von Maresa Pinto (decolonize Jena!).

Dies ist der Link zur Online-Veranstaltung: https://uni-jena-de.zoom.us/j/94934311059

Meeting-ID: 949 3431 1059
Kenncode: 979915

Der Raum wird ab 18:15 Uhr offen sein, die Veranstaltung beginnt um 18:30 Uhr.

https://www.facebook.com/events/925552524642675/